Samstag, 6. Juni 2015

Terra@Moewig

Terra Romanhefte mit Kurzgeschichten von Philip K. Dick
Der Arthur Moewig Verlag hat in Deutschland  sehr früh und in grösstem Umfang Bücher von Philip K. Dick herausgegeben – wobei man die Bezeichnung Bücher hier nicht ganz wörtlich nehmen darf. Nach Semraus Abenteuer im Weltenraum und der bei Pabel erscheinenden Utopia-Reihe hat Moewig in den Jahren 1963-1965 Romane und Geschichten von Dick in Heftform herausgegeben. Bei Moewig hiess diese Reihe Terra Utopische Romane und es sind drei Romane und drei Anthologien von Dick erschienen.
  • #322: Krieg der Automaten und andere Stories Teil 1 (1964)
  • #323: Krieg der Automaten und andere Stories Teil 2 (1964)
  • #395: Vulkans Hammer (1965) [Vulcan's Hammer]
Die beiden Teile von Krieg der Automaten sind offenbar, laut einer Notiz am Ende, gemeinsam ausgeliefert worden, ansonsten erschien die Serie wöchentlich.
Zwei weitere Romane sind eigentlich in der Nebenserie Terra Extra erschienen:
  • #47: Griff nach der Sonne (1964) [Solar Lottery]
  • #73: Geheimprojekt Venus (1965) [The World Jones Made] – später als Die Seltsame Welt des Mr. Jones herausgekommen
Terra Sonderband mit acht
Kurzgeschichten von
Philip K. Dick
Als früheste Ausgabe war aber bereits 1963 die Anthologie Eine Handvoll Dunkelheit unter der Nummer 76 in der Nebenserie Terra Sonderband erschienen. In dieser Serie sind auch schon damals grosse Namen der Science Fiction veröffentlicht, wie Asimov und van Vogt. Das britische Original A Handful of Darkness war 1955 die erste Anthologie von Dicks Kurzgeschichten; die deutsche Ausgabe enthält aber nur acht der original 15 Kurzgeschichten der Sammlung. In den Vereinigten Staaten ist diese Sammlung 1978 einmalig (bei der exklusiven Gregg Press) in einer heute recht teuren Ausgabe erschienen. Die deutsche Übersetzung ist von Heinz Zwack.
Die Hefte der Terra-Reihe, wie Heftromane allgemein, eigenen sich gut zum Sammeln und werden heute auch heftig gesammelt. Das liegt sicher auch daran, dass zur Eigenschaft der abgeschlossenen Serie und dem von Sammlern beliebten Genre die wirklich schönen, schrill-bunten Titelbilder hinzukommen, auf die unbedingt hingewiesen werden muss.
Die Preise sind trotz der Nachfrage – oder deswegen? – moderat. Es ist auch einfach, die einzelnen Hefte zu finden, sogar in guter Erhaltung – man sollte darauf aber besonders achten: Die Hefte sind geheftet und die verwendeten Heftklammern rosten gelegentlich. Das kann zu grösseren Rostflecken führen.
Inhaltlich ist die Qualität dadurch eingeschränkt, dass die Hefte eine streng vorgegebene Seitenzahl haben, das sind in der Regel rund 60 Seiten für den Text. Gerade die Romane mussten dafür arg gekürzt werden: Für Griff nach der Sonne komme man gegenüber der Ausgabe von Bastei Lübbe Hauptgewinn: die Erde (1985), die keine Angaben zu Kürzungen macht, auf eine Kürzung um 25%. Bei der Übersetzung wurde einfach radikal reduziert.
Dafür haben die Hefte teilweise nette „Extras“, die man in den Buchausgaben so sonst nicht findet. So gibt es Diskussionsseiten, in denen Leserpost veröffentlicht wird oder ein Editorial, in dem Kurt Mahr Ein paar Worte über Elektronengehirne verliert (Terra Extra Band 47) und uns ein bisschen FORTRAN beibringt. Aber es gibt auch Anzeigen, die für Ohrenkorrekturen, Pickelbekämpfung, Kurse zur Überwindung von „Sprechangst“ und Erröten, „Hollywood Format“ oder „Intim-Parfüm“ werben. Eben alles für den Nerd der 60er Jahre.
Dick hatte übrigens noch in zwei weiteren Heften von Moewig einen kurzen Auftritt, in dem jeweils eine Kurzgeschichte erschienen ist:
    • Terra #271: Der letzte Mensch (1963), enthält: Der Roboter-Agent [Impostor]
    • Terra Astra #240: Der Traumplanet (1976), enthält: Gefährliche Fracht [The Cosmic Poachers]
Am Kreuzweg der Zeit von Andre Norton,
auf dem Umschlag fälschlicherweise
Philip K. Dick zugeschrieben
Wenn man die Terra-Reihe betrachtet, muss man unbedingt auf ein weiteres Kuriosum hinweisen: Unter der Nummer 5 ist 1964 ein Heft mit dem Titel Am Kreuzweg der Zeit erschienen, als Autor wird Philip K. Dick genannt. Dieses Heft war eine Neuausgabe einer bereits 1958 bei Semrau erschienen Ausgabe, bei der Dick ebenfalls als Autor angegeben ist. Die nächste Ausgabe des Werkes unter dem Titel Kreuzweg der Zeit erscheint dann 1976 bei Ullstein in der Reihe Ullstein 2000 – endlich mit der korrekten Autorennennung Andre Norton (und diese Ausgabe wird daher fälschlich oft als deutsche Erstausgabe genannt – auch bei Wikipedia und dort sogar mit dem falschen Titel). Auch hinter Andre Norton verbirgt sich – irgendwie – eine andere Person: Andre ist eigentlich Alice Mary Norton, ein männliches Pseudonym, das die Autorin angenommen hat, um ihre männlichen Käufer besser anzusprechen. Norton war vor ihrer produktiven Karriere als Autorin übrigens Bibliothekarin. Insgesamt eine Geschichte, die schon einen Anklang von phildickian hat. Und: Das Heft gehört natürlich unbedingt in die Sammlung, wenn auch in die Abteilung Kuriosa.
1970 übernahm der Heinrich Bauer Verlag dann Moewig, den Erich Pabel Verlag und den Alfons Semrau Verlag. Damit waren alle Heftroman-Verlage, die sich bei Dick engagiert hatten, unter einem Dach. Die Zeit der Heftromane war da allerdings schon fast vorbei. Und Moewig hat Dick dann in richtigen Büchern veröffentlicht …
Einen Überblick über Dick bei Moewig gibt es hier im Blog.
Der Web-Tipp heute ist SF-hefte.de, eine Webseite, die umfassende Listen zu Heftserien, wie den hier erwähnten, hat. Leider gibt es dort nur wenige bibliographische Angaben. Daher sind die dort geführten Magazine und Fan-Veröffentlichungen bzw. Fanzines mit ihren Inhaltsangaben fast noch wertvoller für den Sammler.

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