Samstag, 26. Dezember 2015

** * *** * ** ** * *** ** * * Weihnachten ** * ** * *** *** * **

Philip K. Dicks Beiträge zum Thema Weihnachten sind durchaus begrenzt. Aber Dicks Protagonist ist oft genug der sprichwörtliche sales man, der den viel gescholtene Kommerz der Weihnachtszeit herbeisehnt. Etwas ausführlicher passiert das so in Mary und der Riese, Edition Phantasia (2010) und ebenso ganz typisch in Kriegsspiel, immerhin sechs mal im Deutschen erschienen. Kriegsspiel ist 1959 im Original als War Game passenderweise in der Dezember-Ausgabe von Galaxy erschienen. Es geht um ganymedisches Spielzeug, das Weihnachten verkauft wird und einen verborgenen gefährlichen didaktischen Ansatz mitbringt.
Einen deutlich kommerz-kritischen Blick finden wir in Der Bunker, eine der im Deutschen am meisten publizierten Kurzgeschichten, im Original Foster, You're Dead (1955). Der Vater sieht sich dort dem existenzbedrohenden Druck seines Sohnes ausgesetzt, der Familie zu Weihnachten den neuesten Bunker zu kaufen. Diese Geschichte schafft es dann sogar in der Mitte des Kalten Krieges in eine sowjetische Zeitschrift, mehr dazu später in diesem Blog.
Alles in allem kein besonders positiver Blick auf das Fest.
Ausnahmsweise einige verlagsneue Bücher:
Die beiden fehlenden Bände der Library
of America
, herausgegeben von Jonathan
Lethem: VALIS and Later Novels und
Five Novels of the 1960s & 70s und Science
Fiction Stories
von MacMillan (unten)
Persönlich hat sich Dick zumindest einmal direkt über Weihnachten und den Einfluss auf sein Werk geäussert. Es geht um die Geschichte Zur Zeit der Perky Pat über die Dick in den Anmerkungen schreibt, dass sie von seinen (eigentlich wohl denen seiner damaligen Frau Anne) Töchtern, die mit ihren Barbie-Puppen, den Weihnachtsgeschenken des Jahres 1963, spielen, inspiriert ist; man kann das in den Nach- und Hinweisen in Zur Zeit der Perky Pat von Haffmans (1994) und Zweitausendeins (2008) nachlesen. Und natürlich basiert Die drei Stigmata des Palmer Eldritch auf Perky Pat. Eine populärkulturelle Erwähnung findet Perky Pat dann übrigens auch in der insgesamt sehr Dick-lastigen Lego-Simpsons-Folge Auf dänische Steine können sie bauen (Staffel 25, Folge 20), wo es Perky-Patty-Spielzeug gibt. Im Comicshop liegen da auch verschiedene Bücher von Philip K. Brick und es gibt verschiedene andere Referenzen. Und da auch dieses Weihnachten wieder Barbie-Puppen unter dem Baum gelegen haben, sollte man vielleicht noch die bisher nur in den USA erhältliche Hello Barbie erwähnen, die im Kinderzimmer die Kleinen unterhalten soll und dabei alles was sie hört an den Hersteller überträgt. Das hätte sich auch Dick ausdenken können.
Wenn man sehr tief gräbt, wirklich sehr tief, dann findet man aber doch noch eine echte Weihnachtsgeschichte von Dick. Die Berkeley Gazette veröffentlichte im Young Authors' Club Gedichte und Geschichten von (sehr) jungen Autoren und Dick schaffte dort 16 Veröffentlichungen in der Zeit von 1942 bis 1944. Sein Beitrag zum Christmas Contest 1943 wurde am 4. Januar 1944 unter dem Titel Santa's Return mit five credits belohnt, ein Punktesystem mit dem die Redakteurin Aunt Flo ihre jungen Autoren motivierte. Dicks düstere Weihnachtsgeschichte endet damit, dass der Weihnachtsmann die vom Krieg zerstörte Welt, die ihn vergessen hat, für immer verlässt. Abgedruckt ist sie noch einmal im Anhang von Gregg Rickmans Biographie To the High Castle: Philip K. Dick: A Life 1928-1962, Fragments West/The Valentine Press (1989).
Und was bedeutet Weihnachten für den Sammler? Der Sammler muss seine Lieben sorgfältig anleiten, wenn das Fest etwas für die Sammlung bringen soll: Sammler kann man nicht ohne sorgfältige Planung und gute Kenntnis der Sammlung beschenken - und diese Kenntnis hat oft nur der einsame Sammler selbst. Aber dafür gibt es Wunschlisten, Gutscheine … und natürlich darf man sich auch selbst beschenken. Oder man hat eben noch andere Interessen, die die knappen Ressourcen binden.
Und zum Abschluss der Web-Tipp: Einen schönen, natürlich englischsprachigen Blog, der u. a. noch etwas ausführlicher über Perky Pat und Barbie schreibt, habe ich erst kürzlich entdeckt. Leider hat die Anzahl der Einträge in letzter Zeit nachgelassen, und mit dem legendären Total Dick-Head Blog möchte ich ihn nicht vergleichen, also kein unbedingtes must-read für den Fan, aber es gibt auch etwas für den Sammler: The Philip K. Dick Reading Group der University of New South Wales, Sydney. Auch in Australien gibt es Fans, Bruce Gillespie mit seinem SF Commentary und dem Philip K. Dick: Electric Shepherd ist ja ein sehr bekanntes frühes Beispiel, er schreibt seit den 60er Jahren über Dick.

Samstag, 19. Dezember 2015

The Man in the High Castle

Es ist das Jahr des Orakels. Nach der schönen Folio-Ausgabe von Philip K. Dicks The Man in the High Castle ist jetzt die zehnteilige Serie bei Amazon zu sehen – und sicher war es kein Zufall, dass die Folio-Ausgabe pünktlich vor dem Serienstart da war. Und natürlich gibt es auch das offizielle Buch zur Serie von Penguin, den Originaltext mit einem sich auf die Serie beziehenden Umschlagbild.
Das meiste zum Roman steht schon im entsprechenden Blogeintrag, aber ein Detail, das ich erst jetzt entdeckt habe, ist in dem kurzen Text Biographisches Material zu Hawthorne Abendsen zu finden. Der findet sich exklusiv in Ausgabe von Das Orakel vom Berge in der Reihe Meisterwerke der Science Fiction bei Heyne (2000). Der entsprechende Originaltext findet sich in The Shifting Realities of Philip K. Dick  Selected Literary and Philosophical Writing herausgegeben von Lawrence Sutin. Dort ist der Text mit 1974 datiert. Es ist eine fiktive Würdigung von Dick an Hawthorne Abendsen, dem Autoren von Schwer liegt die Heuschrecke und damit der Titelfigur aus dem Orakel vom Berge. So interessant dieses Konstrukt ist – der Autor würdigt seine eigene Figur als Person – so kann uns dies bei einem Autoren wie Dick, der oft genug mit der Realität spielt, nicht wirklich überraschen. Erwähnt wird in diesem kleinen Stück auch die (natürlich fiktive) deutsche Ausgabe von Schwer liegt die Heuschrecke mit der bibliographischen Angabe München: König, 1974. Bei König in München ist 1973 die deutsche Erstausgabe von Das Orakel vom Berge erschienen. Man kann sich vorstellen, dass Dick gerade sein Belegexemplar oder die Tantiemenabrechnung erhalten hatte, als er es geschrieben hat.
Erste und (derzeit) letzte Ausgabe von Dicks Roman "Das Orakel vom Berge"
Die erste und die derzeit neueste Ausgabe von Das Orakel vom Berge von König (1973) links und Fischer (2014) rechts, darunter die Kritik der FASZ
Die von Ridley Scott aufwändig produzierte Serie gibt es seit dem 18. Dezember auch in einer deutschen synchronisierten Fassung, irgendwie auch ein Geburtstagsgeschenk für Dick, der am 16. Dezember 87 geworden wäre und seinen deutschen Ausgaben durchaus Aufmerksamkeit gezollt hat, nicht nur der oben genannten (dazu später einmal mehr). Die Amazon-Serie hat zehn Teile mit 48 bis 60 Minuten Länge.
In der Druckausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 29. November gab es eine ausführliche, deutlich positive Kritik. Die Welt ist online mit der Serie nicht ganz zufrieden (im Grunde steht da mal wieder Das Buch war besser) oder auch doch, Zeit Online diskutiert die Art und Weise, wie der Film produziert wurde. Und auch sonst hat praktisch jeder eine Kritik geschrieben.
Unterhaltsam ist die Serie sicherlich und sie wird Dick wohl wieder viel Aufmerksamkeit bringen. Warten wir ab, ob es eine zweite Staffel gibt. Und auf die DVD-Ausgabe – für die Sammler.

Samstag, 12. Dezember 2015

Alle Romane … wirklich alle …

Der wichtigste Teil jeder Sammlung ist der Katalog. Die Liste aller bekannten Objekte, die vollständig bedeutet. Was im Katalog steht wird natürlich hauptsächlich durch das Thema definiert, aber auch dadurch, was tatsächlich einen neuen Eintrag in der Liste konstituiert. Wenn man einen Autoren wie Philip K. Dick sammelt, dann mag man alle Science Fiction Romane von Dick sammeln wollen – also einen Eintrag pro Titel – also 35 (wenn man Nick und der Glimmung ausschliesst, durchaus ein Science Fiction Roman, aber eben ein Kinderbuch). Der nächste Schritt sind dann die verschiedenen Ausgaben, für den Blade Runner/Träumen Roboter von elektrischen Schafen sind das dann bereits acht Ausgaben. Ein letzter Schritt sind dann die verschiedenen Auflagen eines Ausgabe – auch hier liegt der Rekord beim Blade Runner, dessen Buch-zum-Film Heyne-Ausgabe von 1982 auf neun Auflagen – mit teilweise erhöhten Preisen – kommt. Derzeit liege ich mit meiner Sammlung wohl zwischen den Ausgaben und Auflagen – ich brauche nicht alle neun Auflagen des Blade Runner, aber beide Auflagen von Bastei Lübbes Das Orakel vom Berge – weil es unterschiedliche Covers hat. Von solchen Umschlagbild-Varianten gibt es auch bei Dick einige – die Goldmann-Ausgaben sind als zweite Auflage erschienen und auch bei Suhrkamps LSD-Astronauten gibt es ein abweichendes Umschlagbild – und ich halte das für unbedingt separate Ausgaben, von denen man jeweils beide in der Sammlung haben muss.
In den USA sind auch die Date Codes üblich, die von den Verlagen im Buch versteckt werden und wohl so etwas wie Unter-Ausgaben bilden, die man – teuer – sammeln kann. Deutsche Verlage ersparen das ihren Sammlern – zum Glück.
Wie man den Katalog verwaltet ist eine weitere Frage. Ein Katalog kann durchaus recht umfangreich werden, man sollte sich die Struktur und die Art der Verwaltung daher genau überlegen. Obwohl es scheinbar alles online gibt, konnte ich noch kein auch nur annähernd adäquates Werkzeug für die Verwaltung von Sammlungen finden. Auch lokal gibt es keine wirklich guten Lösungen, die flexibel genug sind … im einfachsten Fall – und wenn man nicht zu viel Zeit investieren kann - will man sich also mit Microsoft Excel oder einem ähnlichen Programm behelfen, zumal man seine Daten auch nicht mühsam in ein Programm hineinstecken will, aus dem man sie hinterher – im Falle eines Umzugs zu einem anderen Programm – nicht wieder einfach herausbekommt.
Der Gott des Zorns von
Bastei Lübbe von 1979
Das Labyrinth der Ratten
von Goldmann, ebenfalls
von 1979, aber eher selten
Die vollständige Liste der 36 Science Fiction Romane mit allen relevanten Ausgaben, aber ohne auf ungeänderte Auflagen einzugehen, ist schon seit einiger Zeit auch hier zu finden. Man sieht, dass Blade Runner in neun (acht Einzelausgaben und in einem Sammelband) und Das Orakel vom Berge in acht Ausgaben erschienen sind, aber zahlreiche Bücher in nur einer Ausgabe erschienen sind – und das überwiegend in der Zeitspanne von 1979–1984. So ist Der Gott des Zorns (1979), ein Roman mit einer etwas längere Entstehungsgeschichte, trotzdem einfach und günstig zu finden, auch in guter Erhaltung. Das Labyrinth der Ratten (1979) ist aber schon etwas teurer. Leider findet man über die Höhe der Auflage hier keine Informationen. Ist das eine Buch wirklich seltener gedruckt? Bei beiden Büchern – oder eigentlich bei allen, speziell aus dem vorigen Jahrhundert – muss man prüfen, ob es sich um als Remittende gestempeltes Exemplar handelt, das vernichtet den Wert leider. Leider ist es bei vielen Angeboten oft nicht ersichtlich, ob sich am Schnitt ein mehr oder weniger dezenter, oft grüner Strich befindet. Ich habe zwar auch noch ein paar dieser Remittenden im Bestand, versuche diese aber auszutauschen, bin bei diesem Austausch aber sehr wählerisch, was die Qualität der neuen Bände betrifft.
Im Überblick finden sich auch die Sammelbände, in denen mehrere Romane gemeinsam herausgegeben sind. Ich habe auch Nick und der Glimmung hier eingeordnet, sowie die Kosmischen Puppen, ich halte mich hier an die im amerikanischen üblichen Kategorien, wie man sie z. B. bei PhilipKDickFans und PkDickBooks findet. Natürlich gibt es auch die Mainstream-Romane, dazu habe ich schon etwas geschrieben.
Am Schluss ein Link auf eine für meine Bedürfnisse zwar nicht ausreichende Online-Sammlungsplattform, LastDodo, Schönes zu Dick lässt sich dort aber finden.

Samstag, 5. Dezember 2015

Der neueste Fang

In der letzten Woche ist mir ein Fang ins Netz gegangen, den ich allerdings noch nicht vollends an Land ziehen konnte. Nachdem Fischer 2014 in zwei Staffeln, einmal im Frühjahr vier und dann im Herbst drei Bände, und 2015 im Frühjahr noch einmal drei Bände der Philip K. Dick Ausgaben hat folgen lassen, wird die Serie im Frühjahr 2016 laut Verlagsinformationen mit drei weiteren Bänden fortgesetzt:
  1. Ein kleines Trostpflaster für uns Temponauten. 15 Stories. Mit einem Nachwort von Jonathan Lethem. 448 Seiten. 11.99 €
  2. Irrgarten des Todes. 240 Seiten. 9.99 €
  3. Nach der Bombe. 320 Seiten. 10.99 €
Ein bisschen Vorfreude auf diese drei Bände darf schon sein. Irrgarten des Todes und Nach der Bombe werden vermutlich wenig Neues bieten, es handelt sich wohl um Neuauflagen der Ausgaben aus der – nach 16 Bänden abgebrochenen – Werk-Ausgabe von Heyne. Zumindest handelt es sich wohl nicht um Neuübersetzungen, Yoma Cap bzw. Friedrich Mader sind als Übersetzer angegeben, die auch die Heyne-Ausgaben erledigt haben. Man kann erwarten, dass es sich um die von Alexander Martin überarbeitete Übersetzung des Irrgarten des Todes handelt. 
Total Recall Revisited (2014), der 
Start der Reihe bei Fischer
Es steht aber zu befürchten, dass Nach der Bombe sein Nachwort von Jonathan Lethem verloren hat, so wie einige Fischer-Ausgaben entsprechende Zusätze verloren haben. Möglicherweise ist es aber in Ein kleines Trostpflaster für uns Temponauten gewandert. Diese Kurzgeschichtensammlung ist vermutlich eine reduzierte Version von Der unmögliche Planet von Heyne (2002), der auf 832 Seiten immerhin 30 Geschichten enthält. Nachdem Total Recall aus der ersten Staffel von 2014 bereits 12 Geschichten, wohl die Highlights aus Der unmögliche Planet enthält, folgen jetzt wohl die übrig gebliebenen – minus drei. Wobei dieser Rest auch nicht schlecht ist … was allerdings dem Leser dieser Seite egal sein dürfte. 
Der an Dick interessierte Leser hat wohl die günstige und in der dritten Auflage erhältliche Gesamtausgabe von Zweitausendeins und dem Sammler ist's egal. Für den Gelegenheitsleser von Dick ist das noch lieferbare Total Recall Revisited wohl attraktiver, wenn Trostpflaster denn wirklich den Rest von Der unmögliche Planet enthält, zumal es auch noch zwei Euro weniger kostet. In den Regalen der Buchhandlungen werden sich im April 2016 aber wohl die neuen Bände befinden … und man darf hoffen, dass häufig zugegriffen wird. Vielleicht bringt Amazons The Man in the High Castle ja neue Leser für Dick. Sollte das so sein, hat Fischer mit Das Orakel vom Berge ja Das Buch zur Serie im Angebot – und darüber hinaus fast alle lieferbaren Ausgaben von Dick. Bei Heyne gibt es nur noch Die Lincoln-Maschine und den Sammelband Blade Runner, Ubik, Marsianischer Zeitsturz, der natürlich formidabel ist und für 14 Euro ein wohl ungeschlagenes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet.
Den Überblick über alle 14 erschienen Bände gibt es auf der Verlagsseite. Und 14 Bände sind es natürlich, weil Fischer bereits 1974 mit Joe von der Milchstrasse einen frühen Beitrag zu Dicks Ausgaben geliefert hat. Hoffen wir jetzt, dass es die drei Bände auch in die Presse und dann – am besten pünktlich zum 27. April – in die Läden schaffen; wie im vorigen Blogeintrag gezeigt, hat nicht jeder vom Verlag angekündigte Titel das geschafft.